Lange Zeit galt der finnischer Hersteller Revonte als der nächste vielversprechende Kandidat, der mit einem modernen Konzept von Motor und Getriebe in einer Einheit auf den Markt kommen würde. Nun erreichen uns aus dem hohen Norden jedoch ernüchternde Neuigkeiten. Revonte muss Insolvenz anmelden. Die Zukunft des Antriebs „Revonte One“ steht damit in den Sternen.
Am 26. September 2023 hat das Bezirksgericht von Pirkanmaa ein Insolvenzverfahren für Revonte Oy eröffnet. Die Kanzlei Borenius Attorneys Ltd wurde in Person von Rechtsanwalt Robert Peldán mit der Aufsicht über das Verfahren beauftragt. Ab sofort stehen damit sämtliche Vermögenswerte zum Verkauf. Das schließt alle der Firma gehörende Patente mit ein.
Geht die Sonne eher unter für Revonte oder zeigt sich noch ein Hoffnungsschimmer?
Von der Insolvenz betroffen ist ebenfalls die 2020 gegründete Revonte Germany GmbH mit CEO Uwe Daniel. Der erfahrene Manager war 2019 zum Team von Revonte dazugestoßen. Neben der Leitung der deutschen Firmentochter fungierte er als Vice President of Sales und war ein wichtiger Bestandteil des Führungsteams bei Revonte.
Opfer ungünstiger Rahmenbedingungen
Den Grund für den Gang in die Insolvenz sieht Otto Crohns, einer der Gründer und CEO bei Revonte Oy, in einem Einbruch, den die Fahrradindustrie nach vorherigen Rekordjahren aktuell verzeichne. In einem Post auf LinkedIn spricht von einer „sehr schwierigen Marktsituation, in der keine weitere Finanzierung sichergestellt werden konnte.“ Mithilfe weiterer finanzieller Mittel wollte Revonte sein Antriebssystem weiterentwickeln. Leichter und günstiger in der Produktion sollte es werden, um sich auf lange Sicht erfolgreich mit dem Wettbewerb messen zu können. Dafür habe man schon 2022 eine entsprechende Fundraising-Kampagne gestartet. Deren erhoffter Erfolg sei jedoch ausgeblieben.
Revonte One ausgestellt am Stand von hGears auf der Eurobike 2023
Gegenüber dem Fachmagazin Radmarkt ergänzte Uwe Daniel, „dass eine Serie-A-Investrunde in letzter Sekunde gescheitert sei.“ Innerhalb einer solchen Runde sammeln Unternehmen Kapital von externen Investoren, um den Schritt vom Start-Up hin zu einem ernstzunehmenden Marktteilnehmer zu schaffen. Anscheinend entstand durch den plötzlichen Misserfolg eine Finanzlücke, die nicht mehr zu schließen war.
Projekt auf der Höhe der Zeit
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten einschlägige Experten und Medien dem Revonte One das nötige Potenzial bescheinigt, um Fahrradhersteller von den Qualitäten des Antriebs zu überzeugen. So sprach zum Beispiel das Electric Mountain Bike Network, besser bekannt unter seinem Kürzel EMBN, von einer „really interesting innovation“. Das System bestehend aus einem Mittelmotor mit integriertem stufenlosem Getriebe gab es zum ersten Mal auf der Eurobike 2019 öffentlich zu sehen. Ähnlich wie bei Pinions MGU und dem Owuru von E2 Drives werden Motor und Schaltung nicht mehr getrennt voneinander betrachtet und verbaut, sondern finden in einem gemeinsamen Gehäuse mittig am Fahrrad Platz.
System für verschiedene E-Bike-Typen
Mit dem deutschen Hersteller hGears fand Revonte 2022 einen Partner, der den Revonte One fertigen wollte und konnte. Im Frühjahr 2023 lief die Serienproduktion an. Zu den ersten Empfängern des Antriebs zählte das Unternehmen Ouca Bikes. Dessen wandlungsfähiges dreirädriges Lastenfahrrad zeigte beispielhaft, auf welche Anwender Revonte sein Produkt ausgelegt hatte.
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- An den Lastenrädern von Ouca ist das Antriebssystem bereits im Einsatz.
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- Der Revonte One wäre mit einem Riemenantrieb kombinierbar.
Die Sparte der Fahrzeuge für die letzte Meile sollte keineswegs die einzige Zielgruppe bleiben. Seit Beginn der Entwicklungsarbeit hatte das Augenmerk vor allem auch auf dem Einsatz des Systems in E-Mountainbikes gelegen. Wie dies im Ergebnis aussehen könnte, ließ ein Prototyp des ebenfalls aus Finnland stammenden Herstellers Pässillä erahnen. Er integrierte den Revonte One in ein E-Bike mit
Titanium-Rahmen.
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- An dem Prototyp von Pässilä macht der Revonte One eine gute Figur.
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- Auch Pässilä hätte das System mit einem Riemenantrieb ausgestattet.
Dies wirkte genauso gut vorstellbar wie die auf der diesjährigen Eurobike in Frankfurt am Main demonstrierten Testräder. Bei denen handelte es sich eher um Trekking-E-Bikes. Für die hatte Revonte mit dem deutschen Carbon-Spezialisten V-Frames zusammengearbeitet.
Vielleicht haben einige von euch mit diesem Testrad auf der Eurobike eine Runde drehen können.
Vielleicht war das eine der letzten Möglichkeiten, ein E-Bike mit einem Revonte One fahren. Vielleicht geht es für das Team um Otto Crohns aber in einer anderen Konstellation unter neuem Dach weiter. Wir behalten die Sache für euch im Blick.
Bilder: Revonte Oy, Mubu Oy, Pässilä Bicycles
