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Vanmoof-Gründer: Speedlimit für Pedelecs erhöhen

Aktuell gilt Geschwindigkeitsbegrenzung von 25 km/h für den E-Antrieb von Pedelecs

Dürfen Pedelecs künftig bis zu mehr als den bisher geltenden 25 km/h unterstützt werden, ohne als S-Pedelec zu gelten? Befürworter dieser Idee haben Anfang des Monats prominenten Zuspruch erhalten. Ties Carlier, Bruder von Taco Carlier und damit ein Teil des Gründer-Duos von Vanmoof, hat deutlich für eine Erhöhung der aktuellen Geschwindigkeitsbegrenzung votiert. In einem Gastbeitrag für den Branchenverband European Light Electric Vehicle Association (LEVA-EU) fordert der Niederländer ein Überdenken der aus seiner Sicht inzwischen veralteten Gesetzgebung. Carlier tut dies jedoch nicht ganz freiwillig. In Deutschland hatten Polizeibehörden in den vergangenen Wochen mehrere Modelle der E-Bikes von Vanmoof aus dem Verkehr gezogen. Der Grund: Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz.

Wenn der Teufel in der App steckt

Folgendes war passiert: Im Laufe des Sommers meldeten Bikerinnen und Biker auf verschiedenen Foren, dass die Polizei sie angehalten habe. Die Beamten kontrollierten, ob die Personen auf ihrem Vanmoof per App die Ländereinstellung von Deutschland in die USA ändern könnten. Falls ja, sei damit die Unterstützung des E-Antriebes auf 32 km/h zu erhöhen. Daher gelte das Bike nicht mehr als Pedelec. Stattdessen sei es ein S-Pedelec und müsse alle damit verbundenen Bestimmungen erfüllen – Versicherungspflicht, Tragen eines TÜV-zertifizierten Fahrradhelmes, Fahrverbot auf Rad- und Gehwegen, Mitführen der Fahrerlaubnis etc. Nach Berichten des Online-Magazins „golem“ hat allein die Berliner Polizei bis Anfang Oktober rund 30 entsprechende Strafermittlungsverfahren eingeleitet. Dies jedoch nur in Fällen, in denen der US-Modus tatsächlich aktiviert worden war.

Region einstellen in der App für E-Bikes von Vanmoof
Mit neuer Firmware bleibt der US-Mode für Bikerinnen und Biker in Europa in der App dauerhaft blockiert.

Ärger gab es allerdings schon, wenn das Model überhaupt die Möglichkeit zum Wechsel in den US-Modus bot. Dem Online-Magazin „Heise“ sind Fälle bekannt, in denen Besitzerinnen und Besitzern der Fahrräder das Weiterfahren untersagt wurde. Sie dürften das Bike erst wieder nutzen, wenn dieser technische „Mangel“ behoben sei. Und dies müsse zuvor der Polizei vorgeführt werden.

Kurzfristig: Firmwareupdate. Langfristig: Neue Gesetze.

Spätestens an dieser Stelle kommt Vanmoof selbst ins Spiel. Die nötige Änderung in der App kann nämlich nur der Hersteller umsetzen lassen. Dies haben die Gebrüder Carlier getan. Ein Firmwareupdate vom 17. November beseitigt diese Schwachstelle in der App. Alle, die ein S3 oder X3 von Vanmoof fahren, können jetzt wieder beruhigt aufsteigen. Oder eben erst einmal die nächste Polizeiwache ansteuern.

Ties Carlier hat diese Situation jetzt genutzt, um seine Einstellung zum Speedlimit des E-Antriebs an Pedelecs klar zu formulieren. Seiner Ansicht nach erwächst aus der Beschränkung auf derzeit 25 km/h für Hunderte von Millionen von Menschen ein entscheidender Nachteil im Vergleich mit Autos. Wie er zu diesen Zahlen kommt, bleibt jedoch offen. Unter den jetzigen Voraussetzungen falle es dem Pedelec auf alle Fälle sehr schwer, mit dem Auto zu konkurrieren. Dies gelte vor allem für Pendler, die zehn Kilometer oder mehr täglich zurücklegten. Dabei sei das genau die Gruppe, die Vanmoof erreichen wolle. Schließlich verfolge er das Ziel, die nächste Milliarde Menschen auf das Fahrrad zu bringen.

Ties Carlier ist einer von zwei Gründern von Vanmoof
Ties Carlier hat zusammen mit seinem Bruder Taco Vanmoof gegründet.

Viele Gründe, keine Empfehlung

Die Argumente, die Carlier für eine Änderung anführt, haben ihre Berechtigung. Er verweist auf veraltete Richtlinien, die sich an Mopeds orientierten statt an technisch hochentwickelten E-Bikes. Zudem kritisiert er die Verkehrsbestimmungen, die in erster Linie in den Städten den Autoverkehr nach wie vor bevorzugen würden. Und das, obwohl diese zu viel Platz auf den Straßen einnehmen würden, sich viel zu häufig durch Staus selbst blockierten und wesentlich zur Luftverschmutzung beitrügen. Das Festhalten an der derzeitigen Geschwindigkeitsbegrenzung manifestiere den Status quo, schränke die allgemeine Akzeptanz von E-Bikes ein, bremse den Fortschritt in den Städten und setze den bereits überfüllten öffentlichen Nahverkehr unter Druck.

Wo genau ein zeitgemäßes Speedlimit für Pedelecs liege, lässt Carlier offen. Ebenso die Frage, ob man mit beispielsweise den in den USA zulässigen 32 km/h noch auf dem Fahrradweg fahren dürfe. Konkrete Antworten darauf kommen vielleicht schon bald aus ganz anderer Richtung. Passenderweise wird in Großbritannien gerade über dasselbe Thema diskutiert. Der Hintergrund ist der Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU zum 1. Januar 2021.

Fahrer mit E-Bike von Vanmoof auf leerer Straße
Fahren Pedelecs künftig schneller und damit zwangsläufig auf der Straße?

Brexit als Katalysator?

Der Tag steht fest, die Rahmenbedingungen sind aktuell noch weitgehend unklar. Im Grunde gibt es zwei Optionen für die Briten: Bleiben wir den Bestimmungen der Europäischen Union treu? Oder nähern wir uns eher den Regelungen an, wie sie in den USA gelten? E-Power weiterhin bis 25 km/h oder auf 32 km/h beschleunigen?

Letzteres streben die Initiatoren einer Petition an. Ihre Argumentation deckt sich beinahe vollständig mit der von Ties Carlier. Höhere Anerkennung in der Bevölkerung. Weniger Überwindung beim Wechsel vom Auto zum E-Bike. Interessanterweise lautet ein weiterer Grund, dass bereits eine große Anzahl von Fahrrädern die geltende Gesetzgebung umgangen habe oder nicht mit ihr übereinstimme. Ob dieser Hinweis der Sache wirklich förderlich ist?

Eventuell liefert die Entscheidung auf der Insel auch einen Fingerzeig auf die künftige Entwicklung innerhalb der EU. Damit die britische Regierung dieses Thema tatsächlich auf die Tagesordnung nimmt, müssen mindestens 10.000 Menschen die Petition bis zum 28. Januar 2021 unterzeichnen. Stand heute ist noch über die Hälfte des Weges zu gehen.

Bilder: Vanmoof; ebiketuning.com

6 Gedanken zu „Vanmoof-Gründer: Speedlimit für Pedelecs erhöhen“

    1. Hallo AS,
      da wir selbst keinen Zugriff auf ein Bike von Vanmoof haben, kann ich dir das nicht sagen. Bei einer Suche im Playstore entdecke ich nur eine Version der App. Vermutlich erkennt die spätestens beim Download deinen Standort und wird dir automatisch die der Region zugeordnete Fassung laden. Vielleicht kannst du das aber auch beim Installieren aussuchen.
      Sportliche Grüße
      Matthias

  1. Ich würde mein S3 auch als Pedelec S zulassen und versichern. Dazu benötige ich aber eine Betriebserlaubnis. Eine Einzelbetriebserlaubnisss kostet zirka 150€ nach Angabe des TÜV wenn ich technische Unterlagen vorlege die die Haltbarkeit des Fahrrades bestätigen. Meine erste Anfrage bei Vanmoof zum Erhalt dieser Dokumente wurde ohne Begründung abgelehnt. Die Antwort auf meine zweite Anfrage nach den Ablehnungsgründen steht noch aus.

    1. Der Ausgang zur Anfrage nach den nötigen Dokumenten zur Vorlage beim TÜV würde mich wirklich sehr interessieren. Vor allem, wenn er positiv wäre. Über eine Nachricht diesbezüglich wäre ich sehr dankbar!

  2. Die Frage ist in allererster Linie, ob Vanmoof hier etwas verkauft hat und nachträglich den Kaufvertrag zu ungunsten des Käufers änderte. Das kann und darf nicht sein. Ich kaufe auch kein Auto mit Speed 200km/h , die nachträglich vom Hersteller gedrosselt wird, weil ich in einer 30iger Zone wohne. Ich habe einen Vertrag mit Vanmoof und nicht mit Deutschland. Vanmoof hat den Vertrag zu erfüllen. Einseitige Änderungen gehen da gesetzlich nicht, egal welches Problem Vanmoof mit Deutschland hat. Was ich mit den 32km/h mache, ist ganz allein meine Sache. Das gleiche gilt auch für mein Auto, wenn ich in der 30iger Zone zu schnell fahre. Ich erwarte die Erfüllung des Vertrages mit Vanmoof oder einem Preisabschlag. 2000€ für 32km/h habe ich im September bezahlt. Das sind 1562€ bei 25km/h, wenn man im November die Änderung einseitig macht und das sogar noch ohne jeglichen Hinweis. Das ist rechtlich nicht sauber und vom Service her unmöglich.

  3. fahre ein s-pedelek bis 45 kmh. da ich schon 76 jahre bin und fast täglich kaum über 30 kmh fahre, stelle ich fest, daß ich dauernd von rennradlern ohne e motor mit weit über 45 kmh überholt werde, ganz l e g a l . m.e. sollte man die grenze von 25 km ganz streichen und jedem fahrrad ein kleines nummernschild mit versicherungspflicht verpassen. hätte für den eigentümer auf jeden fall finanziellen schutz beim unfall. ein guter radler wird sich immer dem verkehr vernünftig anpassen, ob mit oder ohne 25 kmh beschränkung.

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