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Scott Silence eRide im Test: Glänzender Auftritt mit Abzügen in der B-Note

E-Bike Scott Silence eRide im Test

In diesem Herbst hat Scott mit dem Silence eRide eines der hochwertigsten City-E-Bikes vorgestellt, die derzeit auf dem Markt erhältlich sind. Wenn man im Zusammenhang mit urbanen E-Bikes von High-End sprechen darf, dann am ehesten hier. Im Oktober konntet ihr bereits ein ausführliches Portrait des Modells auf unserem Blog lesen. Kurze Zeit später erhielten wir von Scott dann ein Testbike gestellt. Heute erfahrt ihr, wie sich das in unserem mehrwöchigen Alltagstest geschlagen hat.

1. Pure Vorfreude
2. Top – Damit beeindruckt das Scott Silence eRide
3. Fifty-Fifty – Manche freuts, manche ärgerts
4. Flop – Hier gibt das Scott Silence eRide nicht die beste Figur ab
5. Fazit zum Scott Silence eRide

1. Pure Vorfreude

Selten herrschte unsererseits so viel Spannung vor einem Test wie vor diesem. Zu verheißungsvoll klang das, was vorab bekannt gewesen war. Ausgesprochen leichtes E-Bike für das Fahren in der Stadt. Sportlich ausgelegter Carbonrahmen mit serienmäßig dazugehörigem Frontgepäckträger. Angetrieben vom unglaublich kompakten Mittelmotor HPR50 von TQ samt fest integriertem Akku. Elektronisches Schalten dank der Kombination einer Sram Rival-Gruppe mit einem Sram Eagle AXS Controller am Mountainbike-Lenker. Und, und, und.

E-Bike Scott Silence eRide im Test
Testfahrt mit dem Scott Silence eRide

Zu den Merkmalen des Scott Silence eRide gehört genauso jedoch sein Preis von 7.499 Euro. Ganz klar, die Top-Ausstattung muss sich zwangsläufig in dieser Rechnung irgendwo niederschlagen. Damit einher geht eine gewisse Erwartungshaltung. Ohne an dieser Stelle zu viel zu verraten, können wir dennoch schon sagen, dass zumindest unsere Erwartungen nicht komplett erfüllt wurden. Und dies lag eher an Teilen des E-Bikes, an denen kein großes Preisschild hängt. Wie immer, ist dies jedoch Teil unserer eindeutig subjektiven, persönlich gefärbten Einschätzung. Wenn es anders wäre, wäre es schließlich nicht unsere Einschätzung.

Um die Orientierung im Beitrag zu erleichtern, ordnen wir unsere Erfahrungen einfach folgenden drei Kategorien zu: Top, Fifty-Fifty und Flop. So könnt ihr sofort ausmachen, worin unserer Meinung nach die Stärken und die Schwächen dieses Bikes liegen. Los geht’s.

2. Top – Damit beeindruckt das Scott Silence eRide

Der Wind bläst mir mit gut 50 Kilometer pro Stunde mitten ins Gewicht. Nicht ungewöhnlich für Mitte November. Ungewohnt ist höchstens die Leichtigkeit, mit der ich gegen ihn anradle. Es war definitiv eine gute Entscheidung, das Testbike auf Arbeit gleich am ersten Tag gegen mein eigenes Gefährt zu tauschen. Die Unterstützung ist auf Eco eingestellt, der niedrigsten von drei Stufen. Selbst dies genügt schon, um ausreichend Hilfe von Motor zu erhalten. Ich wechsle in eine leichtere Übersetzung, erhöhe die Trittfrequenz und merke, wie TQs HPR50 noch drehfreudiger den Kampf mit dem Herbstwind aufnimmt.

Es sind lediglich die ersten wenigen Kilometer mit dem Scott Silence eRide. Nichtsdestotrotz werden sie beispielhaft für die Fahrfreude sein, die dieses E-Bike versprüht. Mit einem Drehmoment von 50 Newtonmetern und der Maximalleistung von 300 Watt flößt der Antrieb niemandem Angst ein. Eher davor, vielleicht zu schnell an seine Grenzen zu geraten. Aber weit gefehlt. In der Stadt, wo Asphalt und Kopfsteinpflaster den Rollwiderstand angenehmen geringhalten, bringen auch Anstiege mit zweistelligen Steigungsprozenten das Aggregat von TQ nicht in Verlegenheit. Vorausgesetzt, ihr helft entsprechend mit. Nicht zwingend mit eigener brachialer Kraft auf dem Pedal. Es genügt bereits, wenn ihr aktiv schaltet und für Trittfrequenzen von 80 und mehr sorgt. Dann vermittelt der Motor durchweg eine Spritzigkeit, die gute Laune verbreitet. Und die knackigen Gangwechsel der elektronischen Gangschaltung von Sram haben eh ihren eigenen Spaßfaktor.

Blick auf die Geschwindigkeitsanzeige beim Fahren mit dem E-Bike Scott Silence eRide
Schneller als vermutet radelt man über die 25 km/h hinaus, bis zu denen der Motor unterstützt.
Blick auf die Geschwindigkeitsanzeige beim Fahren mit dem E-Bike Scott Silence eRide
Bergab unterstreicht das Bike seine Leichtgängigkeit. Der Mountainbike-Lenker vermittelt dabei stets sicheres Fahrgefühl.

Geräuschlos glücklich

In manchen Momenten überkommt einen fast sogar eine diebische Freude. Warum? Weil der Antrieb nicht nur eine tolle Leichtgängigkeit vermittelt, sondern man von ihm in keinem der drei Fahrmodi auch nur den leisesten Ton vernimmt. Ihr düst also die ganze Zeit durch die Gegend, lasst andere locker stehen und kaum jemand um euch herum dürfte ahnen, dass ihr auf einem E-Bike unterwegs seid. Hut ab vor Scott. Der Fahrradhersteller muss bei der Integration des Systems alles richtig gemacht haben. Es kann gar nicht anders sein. Gut, ich habe mich während der Fahrt nicht mit einem Super-Richtmikrofon zum Motor heruntergebeugt und Geräusche aufgenommen. Aber ich als Normalsterblicher habe beim Fahren wirklich keinen Mucks vernommen. Falls es einen gab, ging der in den Fahrgeräuschen unter. Was für mich am Ende immer noch einen lautlosen Antrieb ergibt, da Fahrgeräusche uns einfach immer begleiten.

Das bedeutet nicht, dass ihr nicht trotzdem Blicke von anderen Radfahrenden ernten werdet. Jedenfalls ging es mir so. Auslöser dafür könnte jedoch das Äußere des Silence eRide sein. Seine Rainbow White genannte Lackierung wirkt auf den ersten Blick etwas unscheinbar. Treffen Sonnenstrahlen oder anderes intensiveres Licht auf seinen Lack, kommen allerdings die enthaltenen Flakes zum Vorschein, die im Spektrum des Regenbogens dann um die Wette funkeln.

E-Bike Scott Silence eRide im Test
Einmal um die Welt und zurück? Gut, so lang muss es nicht gleich werden. Aber einmal auf diesem E-Bike sitzend, dreht man gern auch mal eine extra Runde.

Gelungene Integration des HRP50

Vielleicht waren unter den Betrachtenden auch noch ein paar skeptische Menschen, die dem vorher beobachteten Tempo nicht trauten und nach einem Motor suchten. Aber da müssten sie schon links neben dem E-Bike stehen, um eine der kleinen Schrauben zu entdecken, die auf den integrierten Antrieb hinweisen. Oder sie erkennen das im Oberrohr integrierte Display als zu einem E-Bike-System dazugehörig und wissen ab dem Moment Bescheid. Davon abgesehen, fährt das Modell komplett unter dem Radar und gibt sich äußerlich als ganz gewöhnliches Fahrrad.

E-Bike Scott Silence eRide mit SP Connect-Schnittstelle am Vorbau
Der Vorbau verfügt serienmäßig über eine SP Connect-Schnittstelle. Mit einer passenden Hülle lässt sich darauf ganz bequem ein Smartphone anbringen, das ihr zum Beispiel als Display oder zur Navigation nutzen könnt.

Als gewöhnlich im besten Falle erweist es sich, wenn ihr es mal tragen müsst. Seine etwas mehr als 14 Kilogramm lassen sich erwartungsgemäß leicht anheben, eine Treppe hinunter- oder hinauftragen, an einen Fahrradhaken anhängen, sodass es in der vertikalen parkt oder einfach in einen Bus, eine Straßenbahn oder einen Zug hineinbugsieren. Gerade mit dem fest integrierten Akku erleichtert das geringe Gewicht den Umgang mit dem E-Bike im Alltag. Sowohl das Laden als auch das Abstellen in einer ausschließlich über Treppen zugänglichen Wohnung dürfte so für viele Menschen realistisch werden.

Motoreinstellung in der App für den E-Bike-Antrieb TQ HPR50 am E-Bike Scott Silence eRide
Die App von TQ für den HPR50 bietet einige Möglichkeiten, das Verhalten des Motors auf die eigenen Vorlieben einzustellen.
Motoreinstellung in der App für den E-Bike-Antrieb TQ HPR50 am E-Bike Scott Silence eRide
Im Test sind wir mit der Werkseinstellung allerdings sehr gut zurechtgekommen.

3. Fifty-Fifty – Manche freuts, manche ärgerts

Ob wir uns auf einem Fahrrad wohlfühlen, hängt zu den großen Teilen von den Komponenten ab, über die wir direkt mit ihm verbunden sind, sprich Sattel, Griffe und Pedale. Im Fachjargon heißen die Kontaktpunkte. Bei Fahrrädern von Scott finden sich an den Kontaktpunkten oftmals Komponenten der hauseigenen Marke Synchros. Am Silence eRide ist beispielsweise ein Sattel namens Syncros Tofino E 2.0 montiert. Dieser wirkt relativ kurz, saß sich jedoch sehr angenehm. Die leichte Krümmung am Ende des Sattels unterstützt die sportliche Sitzposition und gibt zusätzlichen Halt. Uns erschien die Polsterung weich, aber nicht schwammig. Auch auf längeren Strecken fühlten wir uns wohl platziert. Das Konzept aus kürzerer und etwas breiterer Nase mit einem moderat ausgeformten Sitzkanal scheint aufzugehen. Neben Komfort bringt der Tofino E 2.0 mit seiner Schale aus glasfaserverstärktem Nylon gleichzeitig eine Note an Leistungsdenken mit und leitet die während des Pedalierens entstehenden Kräfte effizient weiter.

Genau diese Stabilität haben wir beim Zupacken am Lenker vermisst. Vom Umfang her zu dünn und bezogen auf die genutzte Gummimischung zu weich lautet unser Urteil zu den Schraubgriffen Synchros Comfort. An sich wirkt ihr ergonomisches Profil inklusive der angedeuteten Stütze für die Handinnenflächen wohl durchdacht. Ist es sicher auch. Allein zu unseren Händen wollte es einfach nicht so recht passen. Aber analog zum Zusammenspiel aus Hintern und Sattel machen die eigenen körperlichen Besonderheiten gemeinsam mit persönlichen Vorlieben dem besten Konzept gern mal einen Strich durch die Rechnung. In unserem Falle geht beim Sattel die Rechnung auf, bei den Griffen eher nicht.

Beleuchtung mit Licht und Schatten – im wahrsten Sinne des Wortes

Ähnlich zwiegespalten haben wir die Beleuchtung am Scott Silence eRide erlebt. Auf Anhieb gefallen hat uns das in der Sattelstütze eingearbeitete Rücklicht. Es groß genug, hoch genug am Fahrrad platziert und leuchtet vor allem hell genug. Derart illuminiert sollten euch alle anderen am Straßenverkehr Teilnehmenden von hinten bestens erkennen können. Zumal die Beleuchtung Tag und Nacht aktiviert ist. Tatsächlich konnten wir keinen Weg erkennen, wie sie sich eventuell ausschalten lässt. Richtig aktiv haben wir haben aber nicht danach gesucht. In der Stadt gehen wir mit einer permanent eingeschalteten Beleuchtung jederzeit mit.

Nicht wirklich anfreunden konnten wir uns dagegen mit dem Frontscheinwerfer. Mit seinen 210 Lumen und 65 Lux leuchtet der Lezyne Hecto e65 die Straße wirklich gut aus. Der Lichtkegel ist nicht zu breit, reicht dafür sehr weit und ist durchgehend stark ausgeleuchtet. Bezogen auf die Lichtleistung passt also eigentlich alles. Allerdings hat Scott den Scheinwerfer an der rechten Unterseite des Frontgepäckträgers platziert. Damit läuft das vordere Laufrad recht nahe an ihm vorbei. Als Folge davon beschneidet es den Lichtkegel, sodass sich im Nahbereich zu eurer Linken am Boden permanent ein dunkler Bogen zeigt. Bereits ein Versetzen des Scheinwerfers ganz vorn an die Unterseite der Frontgepäckträgers hätte dieses Problem vollständig beseitigt. Warum Scott diesen kleinen Zusatzweg nicht gegangen ist, weiß der Hersteller allein.

Frontlicht bei Dunkelheit am E-Bike Scott Silence eRide
Der Schatten des Vorderrades zeichnet sich deutlich ab.
Rücklicht bei Dunkelheit am E-Bike Scott Silence eRide
Selbst unsere nicht sehr lichtstarke Testkamera lässt erahnen, wie hell das Rücklicht in Wahrheit strahlt.
Frontlicht bei Tag am E-Bike Scott Silence eRide
Am Tag macht der Frontscheinwerfer euch für den Gegenverkehr gut sichtbar.
Rücklicht bei Tag am E-Bike Scott Silence eRide
Selbst im Hellen fallt ihr mit dem in der Sattelstütze integrierten Rücklicht jederzeit auf.

4. Flop – Hier gibt das Scott Silence eRide nicht die beste Figur ab

Leider kassiert der Frontgepäckträger noch einen weiteren Minuspunkt. Das liegt an seinem begrenzten Aufnahmevermögen. Mit der maximal erlaubten Zuladung von sieben Kilogramm schafft Scott eigentlich eine gute Grundlage, um ihn ausgiebig im Alltag zu nutzen. Seine Ausrichtung mit den langen Seiten parallel zur Fahrtrichtung passt. Über der Ladefläche spannt sich ein verstellbarer, reflektierender Gummizug, mit dem ihr Gepäck fixieren könnt. Daran gibt es nichts zu meckern. Allerdings verpuffen die tollen Voraussetzungen ein Stück weit, da die Ladefläche recht klein ausfällt. Das macht es schwer, auch nur einen durchschnittlich großen Tagesrucksack darauf zu transportieren. Im Programm des Herstellers findet sich auch kein zweiter Frontgepäckträger, der sich als Ersatz anbieten würde. Und da am Rahmen die Aufnahmen für einen hinteren Gepäckträger fehlen, bleiben euch für das Mitnehmen von Dingen für die Arbeit, euer Freizeitvergnügen oder das Transportieren eines Einkaufs lediglich Optionen wie das Tragen eines Rucksackes.

Ein Rucksack auf dem Frontgepäckträger des E-Bikes Scott Silence eRide
Für einen Tagesrucksack erweist sich der Frontgepäckträger als eine Nummer zu klein.
Ein Paar Badelatschen auf dem Frontgepäckträger des E-Bikes Scott Silence eRide
Auf dem Weg zum Strand oder in die Schwimmhalle könnt ihr zumindest eure Badelatschen dort unterbringen.

Kleine Fehlstelle am Lenker

Während unseres Tests vermissten wir zudem die kleine Bedieneinheit am Lenker, die TQ für den HPR50 bereithält. Wer die Unterstützungsstufe wechseln möchte, kann dies beim Fahren nur durch das Drücken des Knopfes an der im Oberrohr integrierten Bedieneinheit tun. Für einen kurzen Moment lenkt vom Verkehrsgeschehen um euch herum ab. Oder ihr hättet gern einen anderen Fahrmodus, wollt im gleichen Moment aber ungern eine Hand vom Lenker nehmen. Um solche Situation zu vermeiden, hätte Scott die kabellose Remote aus unserer Sicht gern am Lenker montieren können.

E-Bike Scott Silence eRide im Test
Im Stadtverkehr mit Autos, Fußgängern und anderen Radfahrenden um euch herum, ist ganz angenehm, die Hände auch beim Wechseln des Fahrmodus am Lenker lassen zu können. Das ist beim Scott Silence eRide leider nicht möglich.

5. Fazit zum Scott Silence eRide

Am Ende bleibt bei uns dennoch in erster Linie hängen, welchen Fahrspaß wir auf dem Scott Silence eRide hatten. Dieses E-Bike ist genauso flink wie es aussieht, rollt lautlos dahin und bietet mit seinem Akku genügend Kapazität, um mit einer Akkuladung eine komplette Arbeitswoche zu bestreiten. Vorausgesetzt, legt ihr pro Tag zwischen zwölf und 15 Kilometer zurück. Da ihr ohne Widerstand bequem über die 25 Kilometer pro Stunde hinaus pedalieren könnt, eignet es sich sogar als Sportgerät. Schließlich sind nicht alle unbedingt Fan eines Rennlenkers.

Die Abzüge in der B-Note mit Beleuchtung, Gepäcktransport und Bedienung haben wir angesprochen. Wie relevant das für euch wäre, könnt nur ihr selbst bewerten. Der Preis von rund 7.500 Euro ist auch für ein E-Bike eine Hausnummer. Wer sich jedoch E-Bikes anschaut, die in einer ähnlichen Gewichtsklasse mit TQ HPR50 und Carbonrahmen daherkommen, wird feststellen, dass sich das Scott Silence eRide vom restlichen Preisgefüge kaum abhebt.

E-Bike Scott Silence eRide

Scott Silence eRide im Überblick

  • Rahmen: Carbon
  • Gabel: Carbon
  • Motor: TQ HPR50
  • Akku: TQ Internal 360 Wh
  • Bedieneinheit: TQ HPR 50
  • Antrieb: Sram Rival XPLR AXS
  • Bremsen: Sram Level Silver Stealth
  • Gewicht: 14,5 kg
  • Maximal zulässiges Gesamtgewicht: 120 kg
  • Farbe: Rainbow White
  • Preis: 7.499 Euro

Im Beitrag erwähnte Produkte

Bilder: Elektrofahrrad24 GmbH; Scott Sports SA; TQ-Systems GmbH

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