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Neuer Maxon Bikedrive Air S leichtester Full-Power-Motor für E-Bikes aktuell?

Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S für E-Bikes

Was haben Satelliten der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA, ein modernes Passagierflugzeug und die Einspritzpumpe eures Autos gemeinsam? In allen dreien kann ein Motor von Maxon zum Einsatz kommen. Was aber hat dies mit E-Bikes zu tun? Nun, auf Basis dieser Technologie stellte das Unternehmen vor vier Jahren mit dem Bikedrive Air einen ersten E-Antrieb vor. Jetzt folgt mit dem Bikedrive Air S der Nachfolger des Systems.

1. Doppelte Power für Maxon Bikedrive Air S
2. Akkus ausschließlich fest integriert
3. Ladegeräte ein Duo aus neu und alt
4. Bewährtes bei Display und Bedieneinheit
5. Diese E-Bikes kommen mit dem Maxon Bikedrive Air S
6. Was passiert mit dem Bikedrive Air?

1. Doppelte Power für Maxon Bikedrive Air S

An fehlendem technischem Knowhow und mangelnder Innovationskraft dürfte es somit nicht gelegen haben, dass der Erfolg des Bikedrive Air seit 2021 eher bescheiden ausfiel. Als Mittelmotor mit einer Leistung von maximal 280 Watt, einem Drehmoment von 40 Newtonmeter und einem Systemgewicht von gerade einmal 3,5 Kilogramm bot er aus unserer Sicht ein spannendes Profil. Gleichzeitig sprechen wir bei solchen oft als „Light Assist“ bezeichneten Systemen immer noch von einer Nische, die sich nur für ausgewählte E-Bike-Typen zur Integration anbietet. Wenn man dann als Newcomer bei namhaften Fahrradherstellern anklopft, die zuerst mit Lieferschwierigkeiten und später mit den Konsequenzen zu optimistischer wirtschaftlicher Planungen zu kämpfen hatten, erscheint es wenig verwunderlich, dass Maxon nicht wie gewünscht zum Zug kam.

Seinen Mut hat der Schweizer Hersteller dadurch offensichtlich nicht verloren. Vielmehr nutzte er die Erfahrungen von Integrationen wie der im Thömus Swissrider und entwickelte den Antrieb weiter. Das Ergebnis ist ein Full-Power-Antrieb, der zu den leichtesten zählt, über die wir jemals berichtet haben. Bei einem Gewicht von lediglich zwei Kilogramm leistet der Motor im Dauerbetrieb die gewohnten 250 Watt, die sich in der Spitze auf 620 Watt erhöhen. Angesichts des Drehmoments von 90 Newtonmeter sollte der Antrieb sehr spritzig und lebendig agieren. Zumal die Unterstützung bei 400 Prozent auf Augenhöhe mit der eines Bosch Performance Line CX-R liegt. Erwartungsgemäß bleibt die Motorunterstützung auf Geschwindigkeiten bis maximal 25 Kilometer pro Stunde begrenzt.

Motor des E-Bike-Antriebssystems Maxon Bikedrive Air S in der Explosionsdarstellung
Motor des Maxon Bikedrive Air S in der Explosionsdarstellung

Vielleicht wären sogar noch höhere Werte umsetzbar gewesen. Anscheinend hat Maxon aber bewusst von einem solchen Versuch abgesehen und bei den genannten Werten gestoppt. „Es bringt nichts, einen sehr starken Motor zu haben, wenn die Batterie überhitzt oder die mechanischen Schnittstellen das Drehmoment nicht übertragen können. Nur wenn alles abgestimmt ist – Motor, Batterie, Software, Mechanik – liefert das System, was der Fahrer wirklich braucht“, erklärt Stefan Müller, CTO der Maxon Group.

Optische Parallelen zu Fazua

Wie erwähnt, basiert der neue Bikedrive Air S auf dem Prinzip des Bikedrive Air. Folglich sind in einem Magnesiumgehäuse ein bürstenloser EC-Innenläufermotor und ein Planetengetriebe nacheinander angeordnet. Von der Struktur her gleicht das dem technischen Ansatz, den Fazua seit dem Evation-Antrieb verfolgt und derzeit auch am Ride 60 nutzt. Integriert im Motor sind Sensoren für das Drehmoment und die Kadenz. Der Antrieb kann mit Trittfrequenzen von 130 Umdrehungen pro Minute umgehen. Das verdeutlicht seinen sportiven Charakter und erklärt unter anderem, warum wir ihn uns nicht nur in sportlichen E-Mountainbikes, sondern vor allem in E-Gravelbikes und in E-Rennrädern vorstellen können. Auch Integrationen in urbanen E-Bikes und Trekking-E-Bikes scheinen absolut denkbar.

Motor des E-Bike-Antriebssystems Maxon Bikedrive Air S
Driveunit des Maxon Bikedrive Air S
Motor des E-Bike-Antriebssystems Fazua Ride 60
Driveunit des Fazua Ride 60

Neben dem hohen Wirkungsgrad von 85 Prozent betont der Hersteller, wie leise der Motor arbeiten würde. Dazu können wir derzeit noch nichts sagen. Das wird sich erst auf Testfahrten zeigen. Feststeht, dass Maxon auch beim Bikedrive Air S an der Untergliederung in drei Unterstützungsstufen festhält. Die Modi „Cruise“, „Sport“ und „Blast“ könnt ihr in der Connect App von Maxon individuell anpassen.

Motor des Maxon Bikedrive Air S im Überblick

  • Nenndauerleistung: 250 W
  • Maximale Leistung: 620 W
  • Unterstützung bis: 25 km/h
  • Maximales Drehmoment: 90 Nm
  • Maximale Unterstützung: 400 %
  • Gewicht: 2,0 kg
Integration des Motors des E-Bike-Antriebssystems Maxon Bikedrive Air S am Beispiel eines E-Mountainbikes
Die Konstruktion des Motors kommt dem Rahmendesign moderner E-Mountainbikes entgegen. Bei vielen Rahmen gibt es am Unterrohr nahe des Tretlagers einen Knick. Dort fügt sich der Motor ganz natürlich ein.

2. Akkus ausschließlich fest integriert

Rund um Integration der Akkus gab es nach Information von Maxon intensive Diskussionen. Demnach hat der Hersteller die permanente Integration und die Option zum Herausnehmen der Akkus ausführlich gegeneinander abgewogen. Am Ende fiel die Entscheidung zugunsten des festen Verbauens aus. Dem Vernehmen nach hat der Gewichtsgewinn dieser Variante den Ausschlag gegeben, weil man so den Bikedrive Air S eindeutig als leichten Antrieb herausstellen kann.

Zum Launch erscheint vorerst nur ein Intube-Akku mit einer Kapazität von 400 Wattstunden. Später soll ein weiterer Intube-Akku mit 600 Wattstunden folgen. Im Vergleich zum Vorgänger-System bedeutet das eine gehörigen Sprung. Dort waren Akkus mit lediglich 250 Wattstunden beziehungsweise 360 Wattstunden erhältlich. Mit dem Leistungsgewinn des Bikedrive Air S geht natürlich auch ein höherer Energiebedarf einher. Daher lässt sich der Wechsel hin zu größeren Akkus komplett nachvollziehen.

E-Bike-Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S
Aufgrund seiner Kompaktheit eröffnet der neue Antrieb den E-Bike-Hersteller viele Freiheiten in Bezug auf die Integration des Systems.

Die Kombination des Motors mit dem kleineren der beiden Akkus ergibt ein Systemgewicht von ungefähr 3,8 Kilogramm. Auf dieser Basis sollte es für E-Bike-Hersteller möglich werden, E-Bikes zu bauen, die deutlich weniger als 16 Kilogramm wiegen. Im Falle der E-Rennräder oder E-Gravelbikes könnte sogar noch deutlich weiter nach unten gehen.

Akku Bikedrive Air S 400 Wh im Überblick

  • Betriebsspannung: 36 V
  • Kapazität: 400 Wattstunden
  • Gewicht: 1,8 kg
  • Kompatibel mit Range Extender: ja

Akku Bikedrive Air S 600 Wh im Überblick

  • Betriebsspannung: 36 V
  • Kapazität: 600 Wattstunden
  • Gewicht: 2,8 kg
  • Perspektivisch kompatibel mit Range Extender: ja
Akku mit 400 Wh für das E-Bike-Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S
Akku mit 400 Wh für Maxon Bikedrive Air S

Zusätzlich können die E-Bike-Hersteller ihre Modelle mit dem Antrieb von Maxon für die Erweiterung um einen Range Extender freigeben. Dieser folgt dem inzwischen etablierten Muster und ist der Form einer Trinkflasche nachempfunden. Bei einem Gewicht von 1,6 Kilogramm liefert er euch weitere 250 Wattstunden an Kapazität. Der Range Extender soll mit beiden Hauptakkus kompatibel sein.

Range Extender für Bikedrive Air S im Überblick

  • Betriebsspannung: 36 V
  • Kapazität: 250 Wattstunden
  • Gewicht: 1,6 kg
Range Extender für das E-Bike-Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S
Mit 250 Wattstunden gibt euch der Range Extender mehr als 50 Prozent an zusätzlicher Reichweite.

3. Ladegeräte ein Duo aus neu und alt

Neben den zwei Hauptakkus beinhaltet das Sortiment von Maxon zudem zwei Ladegeräte. Unseres Wissens handelt es sich beim ersten um eine Neuentwicklung. Der leistungsstarke 6A Charger lädt beide Hauptakkus jeweils innerhalb von rund drei Stunden zu 80 Prozent auf. Bis zur kompletten Ladung von 100 Prozent dauert es beim 400-Wattstunden-Akku nach Angaben des Herstellers etwa vier Stunden. Für den größeren Akku müsst ihr eine weitere Stunde hinzurechnen. Der Range Extender ist in rund zwei Stunden zu 80 Prozent und in drei Stunden zu 100 Prozent aufgeladen.

Maxon 6A Charger im Überblick

  • Ladestrom: 6A
  • Gewicht: 700 g

Kleiner und leichter ist das zweite Ladegerät ein guter Begleiter für unterwegs auf Radreisen. Der kompakte 2A Charger bietet jedoch einen deutlich niedrigeren Ladestrom, was den Ladevorgang entsprechend verlängert.

Maxon 2A Charger im Überblick

  • Ladestrom: 2A
  • Gewicht: 500 g
Ladegeräte für das E-Bike-Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S
Von Beginn an gibt es zwei Ladegeräte für den Maxon Bikedrive Air S.

4. Bewährtes bei Display und Bedieneinheit

Manche Entwicklungen aus dem Bikedrive Air sind direkt in den Bikedrive Air S eingeflossen. Dazu zählt die im Oberrohr integrierbare Bedieneinheit. Maxon nennt sie Powertab. Dank ihrer Schnittstellen zu Bluetooth und ANT+ lässt sich das E-Bike-System mit eurem Smarthone und anderen externen Geräten wie Computern von Garmin, Wahoo oder Sigma verbinden. Optisch wirkt die Anzeige etwas überholt. Immerhin könnt ihr anhand von sieben Balken die verbleibende Kapazität des Akkus gut erkennen. Das Wechseln der Unterstützungsstufen erfolgt durch das Drücken einer der beiden Pfeiltasten.

Display für das E-Bike-Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S
Die Anzeigen auf dem Display im Oberrohr sind schlicht gestaltet und gut ablesbar.

Für das nächste Jahr hat Maxon auf der Eurobike 2025 in Frankfurt am Main angekündigt, ein vollwertiges Display mit TFT-Bildschirm nachschieben zu wollen. Das wird dann Fahrdaten umfangreicher und anschaulicher darstellen können als das jetzige, relativ einfach gehaltene HMI.

Wippschalter als Bedieneinheit

Ebenfalls den Sprung vom Bikedrive Air zum Bikedrive Air S geschafft hat der kleine Shifter am Lenker. Mithilfe des unscheinbaren schmalen Rings und der von dort aufragenden Nase könnt ihr die gewünschte Unterstützungsstufe wählen. Dafür tippt ihr mit dem Daumen die Nase nach oben oder nach unten an. Eine schlichte Lösung, die in ganz ähnlicher Form zum Beispiel bei Fazua und Pinion zum Einsatz kommt.

Bedieneinheit für das E-Bike-Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S
Durch Hersteller wie Fazua und Pinion sind Bedieneinheiten mit einem Wippschalter immer populärer geworden. Auch am Bikedrive Air S findet sich diese minimalistische Lösung.

5. Diese E-Bikes kommen mit dem Maxon Bikedrive Air S

Auf der Eurobike 2025 waren am Stand von Maxon folgende fünf Marken ausgestellt, die bereits ein Serienmodell mit dem Bikedrive Air S ausgestattet haben:

  • Thömus
  • Transalpes
  • Goobz
  • Instinctiv
  • CDur
E-Bike Dirtlab Paratu CP mit Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S
Dirtlab Paratu CP mit Maxon Bikedrive Air S
E-Bike Thömus Lightrider E_Max mit Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S
Thömus Lightrider E_Max mit Maxon Bikedrive Air S
E-Bike Instinctiv Ocelot mit Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S
Instinctiv Ocelot mit Maxon Bikedrive Air S
E-Bike Transalpes E3 mit Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S
Transalpes E3 mit Maxon Bikedrive Air S

Hinzukommen Bikelab und Spherik, die wir vor Ort nicht gesehen haben. Mindestens sechs dieser sieben Hersteller haben ein E-Mountainbike auf die Räder gestellt. Es wird spannend zu sehen, wann weitere Marken und vor allem andere E-Bike-Typen sich zu dieser Liste hinzugesellen.

Antriebssystem Maxon Bikedrive Air S für E-Bikes
E-Mountainbikes sind eines der Einsatzgebiete, in denen Maxon seinen neuen Antrieb platzieren möchte.

6. Was passiert mit dem Bikedrive Air?

So, wie sich die Situation jetzt darstellt, scheint der Bikedrive Air für Maxon in gewisser Weise als eine Art technischer Vorstufe für den Bikedrive Air S gedient zu haben. Volker Stützinger, Head of E-Bike bei Maxon bestätigt uns im Gespräch, dass der Vorgänger als genau solcher angesehen und nicht weiterverfolgt werde. Maxon hat mit ihm wertvolle Erkenntnisse gesammelt. Vielleicht auch in Hinblick auf die Frage, welche Eigenschaften in den kommenden Jahren am Markt stärker nachgefragt sein werden und welcher weniger stark. Der Fokus liegt künftig allein auf dem neuen System. Mal sehen, wie dies im Vergleich mit Mitbewerbern wie dem TQ HPR60, DJI Avinox, Fazua Ride 60 und ZF Bike Eco System abschneiden wird.

Bilder: Maxon International Ltd.

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